Impressionen

Auch in diesmal wurde deutlich, dass die Halbinsel Krim noch weit entfernt davon ist, für Europäer ein normales touristisches Ziel zu sein.

Aber abseits der üblichen Touristenwege ist die Krim immer wieder eine Entdeckung.

Baden, Touristen, Wärme ...

... das Bild der Krim.

Über Jahrzehnte war sie DIE Urlaubsregion der Sowjetunion.

Aber nicht nur die Sowjetunion ist Geschichte...

Wie überall in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion fragt sich auch die Autonome Republik der Krim wie es wohin weitergeht.

Sternfahrt Ukrainischer Motorradfans

Am Ziel in Sewastopol findet Igor Gaidai gute Motive und lässt für ein Gruppen-Panorama-Portrait die Fuji 617 rattern.

Einige Aufnahmen im Kasten brausen wir - die absperrende Polizei voraus - aus der Stadt.

Unser Ziel: Das Memorial für die Befreier der Krim im 2. Weltkrieg.

Um einen besseren Überblick zu haben, klettere ich auf ein Geländer.

Die überspannten Denkmals-Wärterinnen rasten endgültig aus.

Das war eindeutig zu viel der Entweihung. Hunderte Motorräder knattern in ihr Allerheiligste, posieren respektlos mit ihren Vehikels und dann wollen sie auch noch Bilder schießen - und vielleicht wird es sogar ein Filmbericht.

Und alle sehen, was hier für eine "Ordnung" ist.

Das kann nicht sein.

SEWASTOPOL - weiter in russischer Hand

- nun aber in denen der Touristen.

Zweiter Einfruck:

Sewastopol - Urlaub im ehemaligen Sperrgebiet.

Hafen-Bucht oder Bucht-Hafen

Vom geheimen Flottenstützpunkt zur Touristenattraktion ist es ein langer Weg.

Aber man spürt und sieht die Fortschritte. Es wird getüncht und umgebaut ... mit leichten Assoziationen zur Antike.

Ja, auch die alten Griechen fanden diesen natürlichen Hafen ideal.

Auch wenn recht wenig aus dieser Zeit blieb - man wird diese Geschichte aufdecken.

Allerdings verschüttete und überbaute die jahrzehntelange militärische Nutzung viele historischen Zeugnisse (in sowjetischen Zeiten war die Bucht ein wichtiger U-Boot-Hafen).

Und an allen Ecken schaut noch der militärische Müll zwischen den Erholungssuchenden heraus.

Vielleicht sehen die Einheimischen dies schon gar nicht mehr. Für sie sind die neuen Möglichkeiten - hier zu baden und mit Booten zum Angeln aufs Meer hinauszufahren - wichtiger.

In Jalta macht ein Spruch die Runde:

 

Jalta hat zwei Probleme -

- die Touristen und der Müll.

 

Das erste Problem wurde gelöst -

- die Touristen haben wir vergrault.

Es bleibt der Müll.

Die Villen von Jalta

Bei den Villen in Jalta gibt es eine Art Wettbewerb:

Jede will origineller und teurer sein.

Und sind sie verkauft, freuen sich die Verkäufer. Denn nun wird in die Aussicht auf das Meer die nächste Villa gebaut -

- noch extravaganter und höher.

 

So baut sich die Stadt immer weiter zu.

 

Villa Maria hatte bisher Glück.

Dem (vormals mächtigen) Nachbarn ging wohl nach der Orangenen Revolution das Geld aus.

Maria's Eigentümer freut's.

Er kann nun ohne Zeitdruck mit einem hohen Preis werben und gemütlich verkaufen.

Über den Dächern von Jalta

"Die Postsozialisten bauen Häuser und Datschen. In den letzten 20 Jahren wurde die Umweltsituation drastisch schlechter", ereifert sich ein Ranger mit grünen Idealen und erklärt uns den gesundheitlichen Nutzen der endemischen Krim-Kiefer.

Schon die Zaren hatten die heilende Wirkung geschickt ausgenutzt. Sie ließen an den bewaldeten Hängen lange Mauern errichten, um die duftenden Winde ins Tal gradewegs in ihre Paläste zu leiten.

Er schimpft auf die kulturlosen "Neuen Russen", die überall ihren Müll verteilen... und stellt schön helle Müllsäcke auf:

Eine Landschaftsverschandelung tilgt die andere.

Wie viele versucht auch der Ranger kleine Geschäfte zu machen: Für einen Blick auf Jalta verleiht er sein Fernglas an die Touristen.

Steinsteppe und Libellen

Wir sitzen im staubtrockenen, gelb leuchtenden Steppengras.

Völlig unerwartet braust ein Schwarm Libellen über uns hinweg.

Wo kommen die denn her?

Libellen brauchen doch klares Süßwasser, an dem sie ihren räuberischen Larven entsteigen.

Die Steppe antwortet selbst!

Wir kraxeln über Karstgestein und plötzlich klafft ein steiler Krater.

Am Grund leuchtet saftiges Schilf - die Heimat der Libellen in dieser sonst trockenen Steppe.

Und von der nächsten in den Kalkstein gefressenen Kluft weht kühler feuchter Wind aus einer versteckten Höhle.

Wir sind sprachlos.

Doch dann fielen uns wieder die abenteuerlichen Geschichten der Speläologen und Taucher ein, in denen sie von phantastischen Höhlen und Grotten der Krim berichten.

Auf der Suche nach Tataren

Oberhalb von Jalta werden wir fündig. Ein Tatarenmarkt mit allerlei "Kolorit". Ein schwarzhaariger junger Mann winkt uns an seinen Stand mit Weinfässern.

Früher lebte er in Taschkent,

jetzt schwört Memet hier auf den Wein seines Opas.

Und es fällt ihm leicht, den speziellen Wein seiner Familie den Touristen anzupreisen,

denn Opa machts wirklich gut.

 

Wir diskutieren über Jugend und Tradition.

Memet will schnell Geld verdienen....

und aus dem heimatlichen Tatarenort weg.

Warum?

Memet will die Anonymität der Stadt.

In der Enge seines Ortes weiß jeder alles über alle.

Und die Alten bevormunden die Jungen und misstrauen Neuem.

Frei sein!

Davon will er frei sein!

Tatarenmarkt - oder Jahrmarkt vermischter Kulturen?

Es wird gebaut ... und verbaut.

Vom Tatarenmarkt verbleibt ein Zirkus.

 

Schauen wir also woanders nach der echten Tatarenkultur und

-geschichte.

Ab ins Land, weg von ausgetretenen Touristenwegen.

Dorthin, wo überzogener Kommerz noch nicht die historischen Quellen verdeckt.

Seltsames Bauen

Die Berge treten zurück. Hügelandschaft mit trockener brauner Erde. Steppe.

Schon nach wenigen Kilometern zeigen sich seltsame "Gebilde".

Auf meist unwirtlichen Steppenflächen türmen sich in einigermaßen regelmäßigen Abständen Stapel von Baumaterial.

Überall finden sich angefangene Mauern aus braunen Muschelkalksteinen.

Und ab und zu wird gearbeitet.

An zentralen Stellen oftmals Zelte und Flaggen.

Sind das verzweifelte Landinbesitznahmen der zurückgekehrten Tataren?

Alle ehemaligen Heimatorte sind nun von Russen und Ukrainiern bewohnt. Es bleibt nur die freie Steppe für die neue Heimat der Tataren. Und um erst einmal ihre Ansprüche anzumelden, werden Flächen parzelliert und (beinahe sysmbolisch) mit Steinstapeln markiert.

Weiter ins Landesinnere.

Angefangene Umbauten verlieren sich in der Vergangenheit.

Zaghaft versuchen noch wenige, einige GRIWNA (ukrainische Währung) mit diesen Zwischenwelten zu verdienen.

 

Für einen normalen europäischen Touristen erscheint dies als doppelte Zumutung:

- man ist gezwungen, sich in dieser seltsamen "Landschaft" zu "erholen" ...

- und wird dafür noch zur Kasse gebeten.

 

Aber wenigstens schien der Ranger, welcher uns am Strand abkassieren wollte, auch nicht mehr von der Richtigkeit seiner Handlung überzeugt.

Sein Zweifel lässt hoffen.

Bachtschyssaraj - alte Hauptstadt der Krim-Tataren

Die Reiche der Khans erstreckten sich bis auf die Krim. In einem tief eingeschnittenen Tal, von drei Seiten unzugänglich, legten die Krimtataren ihre Hauptstadt an.

Uns empfängt asiatische Atmosphäre.

Manche Familie reist aus Russland an, nur um sich vor historischer Kulisse in traditionellen Trachten gegenseitig abzulichten.

Das ist es natürlich auch nicht das, was wir suchen.

Tataren brannten Moskau schon einmal nieder...

Moskau.

Besuch von Georg W. Bush.

An exponierter Stelle brennt stundenlang ein für Zigaretten werbender Aufsteller aus vielen tausend Zigaretten.

Der Tatarische Künstler Ismet Sheykh-Zade erhielt von einer russischen Firma längere Zeit vor dem hohen Besuch den Auftrag zu einer Installation.

Zufällig passte alles zusammen.

Nur wussten die Verantwortlichen nicht, dass in ihrem Unternehmen amerikanisches Kapital steckt.

Im Museum hämmerts...

Während einer Renovierungsphase des Museums nutzt Ismet die Pause für Ausstellung und Installationen.

Endlich am Puls Tatarischer Geschichte

Ismet verschafft uns den Zugang zu "unserer" ersten tatarischen Familie.

Und Igor Gaidai hat wieder ein Bild für sein Projekt "Generationen" im Kasten.

Tataren-Portraits

Auf der Suche nach historischen Quellen ... sind aber auch andere.

Herr Schukri, Museumsmitarbeiter in der alten Tatarenhauptstadt, klagt uns sein Leid.

Mit dem Verfall sowjetischer Strukturen entstand ein Ordnungs-Vakuum, was allerlei Zwielichtigkeit raubgrabend für den eigenen Vorteil und das schnelle Geld nutzt.

Die zurückkehrenden Tataren sind noch mit Landnahme und Bau beschäftigt, da gräbt man ihnen unter den Füßen die eigene Geschichte weg.

Ein zweites Mal verlieren die Tataren -

- nach der Heimat nun auch die Geschichte.

Und weil vor ihnen antike Griechen und andere Völker die Krim bevölkerten, verlieren wir 4000 Jahre unser aller Geschichte.

Enwer Ismailow und eine "Stimme des Tatarischen Volkes"

Enwer begleitet rasend schnell klopfend auf seinen vielhälsigen Gitarren eine der Stimmen des Tatarischen Volkes.

Es ist die seiner Tocher.

Mit seiner excellenten "Tapping" Technik begeisterte er uns schon in Wroclaw zu den Tagen der Ukrainischen Kultur.

 

Das neue Projekt "4 Generationen" führte uns in die Familie von Enwer.

Seine Mutter wurde noch auf der Krim geboren.

Dann siedelte Stalin sie nach Usbekistan.

Nun leben sie wieder in ihrer alten Heimat.

Enwer und die Kinder müssen sie erst für sich finden.

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Autor: Jürgen Roloff

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